Auswanderung Visper Familien nach Spanien 1767

Informationen zu den Visper Einwohnerfamilien, welche im Jahr 1767 nach Spanien ausgewandert sind.

Auswanderung Walliser Familien nach Andalusien (1767–1769)

Zusammenstellung nach N. Pfaffen (Visp, 15.04.2004)

Bereits vor der grossen Auswanderungswelle in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haben Walliser Familien ihre Heimat verlassen, um in der Fremde ein neues Zuhause zu finden. Etwas in Vergessenheit geraten ist die im Zusammenhang mit der Besiedelung einiger Teile Andalusiens stattgefundene Auswanderung einiger Walliser Familien im 18. Jahrhundert.

Im Frühjahr 1767 hatte der spanische König Karl III. den Vorschlag des bayerischen Abenteurers, Militärführers und Söldnerwerbers Johann Kaspar Thürriegel genehmigt, 6000 mitteleuropäische Kolonisten für die Besiedelung der im nördlichen Andalusien gelegenen Sierra Morena anzuwerben. In der Folge strömten Tausende von Auswanderern aus Gegenden des Deutschen Reiches (so aus dem heutigen Land Baden-Württemberg, der Pfalz, den Bistümern Mainz und Trier), aus Elsass-Lothringen, aus der Schweiz und anderen Ländern nach Spanien und liessen sich ab 1767 zuerst in der Sierra Morena, dann auch in weiter westlich, zwischen Córdoba und Sevilla, gelegene Siedlungsgebiete nieder. Bei den etwa 800 Kolonisten aus der Eidgenossenschaft, die nach Andalusien gelangten, handelte es sich in erster Linie um Kleinbauern, Taglöhner und Bergbauern aus peripheren katholischen Gebieten, Angehörige einer besitzlosen oder besitzarmen Bevölkerungsgruppe, die sich aus einer wirtschaftlichen Krisensituation heraus gegen den Widerstand der Obrichkeit und unter Umgehung entsprechender Verbote zur Auswanderung locken liessen.

Im Wallis war es wohl vor allem der Sittener Burger Johann Joseph Andereggen, der im Auftrag Thürriegels versuchte, ausreisewillige Kolonisten zu rekrutieren. Andereggen war am 3. August 1767 zwischen Nyon und Rolle von der bernischen Polizei festgenommen worden. Im Verhör vor dem Berner Landvogt in Nyon bezeichnete er sich als 46jähriger Bürger von Sitten und gab vor, er stehe seit 24 Jahren im Regiment von Reding in Spanischen Diensten. Andereggen sagte, er reise nach Luzern, um dem dort residierenden spanischen Gesandten sein Beglaubigungsschreiben als Werber vorzulegen. Die Berner stellten Andereggen an die Grenze und verboten ihm jede Werbetätigkeit auf ihrem Staatsgebiet. Durch diesen und ähnliche Vorfälle gewarnt, machte Bern am 10. August 1767 nebst anderen Ständen auch das Wallis auf die Gefährlichkeit solcher Werbungen aufmerksam. Der Walliser Landrat reagierte prompt und bereits im Landratsabschied vom 9.–17. Dezember 1767 heisst es:

„Mahsen eine hohe Landsession mit vielem Missvergnügen vernehmen müssen, dass Kühne freche und vermessene Auffieren einiger betriegerischen Unterhändler und Wärber, so da gewisse gedruckte Zeddel ausstreien für die spanische Colonien, hiedurch aber die Leüth anführen und betriegen als haben Meine Grossmächtigen etc. diesem Übel und Unheil dem Vaterland zuwachsend für das künftige Einhalt zu thun und vorzubringen, bei Straf der Galeeren, hochoberkeitlich verhotten, dass keine mehr sich erfrechen und anmassen sollen, solches Gewärb zu treiben, noch für frömbden ausländischen Compagnien zu rekrutieren oder Volk in dem Land anzuwerben und die Partikularpersonen von dem untern Wallis so hinausgechen, sollen ihr Land- und Gemeind-Rechte verlieren.“

Dass sich trotz der Verbote und den Drohungen der Regierung viele Walliser Familien bereit erklärten, nach Andalusien auszuwandern, lag auch an der listigen Geschäftstüchtigkeit Thürriegels. Er verstand es, die Vorteile einer solchen Auswanderung hervor zu streichen, während die Nachteile und die Gefahren in den Hintergrund gerückt wurden. In Prospekten, die Namen wie „Glückshafen“, „Hülfreiche Hand“ oder „Reicher Schatzkasten“ trugen, machte Thürriegel den zukünftigen Kolonisten verlockende Versprechungen:

  • Die Verpflegung der Kolonisten erfolgt vom Einschiffungshafen bis zum Bestimmungsort auf Kosten der spanischen Krone.
  • Die Auswanderer werden in Kolonien oder Dörfern von 20–30 Familien angesiedelt; es werden ihnen gesunde, mit genügend Wasser versehene Ländereien angewiesen.
  • Jede Familie erhält ein eigenes Haus von einer Grundfläche von 320–360 m².
  • Jede Familie erhält 50 Fanegas zu je 254 Pariser Quadratschuh (= ca. 33 Hektaren) günstiges Arbeitsland, ferner Land für Baumkultur, Weinbau und Bergweiden, für ihre Kühe, Schafe, Ziegen und Schweine.
  • Jedem aus drei bis vier Dörfern bestehenden Bezirk wird genügend Allmendland für Weide und Umbruch zugeteilt.
  • Jede Familie erhält das notwendige landwirtschaftliche Inventar, und die Handwerksleute erhalten alle zur Ausübung ihrer Gewerbe notwendigen Apparate und Werkzeuge.
  • Jede Familie erhält zwei Kühe, fünf Schafe, fünf Ziegen, fünf Hühner samt einem Hahn und ein Mutterschwein. Für das erste Jahr werden den Kolonisten Getreide und Gemüse für den Unterhalt und sämtliche Sämereien zur Verfügung gestellt.
  • Es wird den Kolonisten jede Hilfe zum guten Gedeihen zugesichert.
  • Es soll bei der Landzuteilung ein Grundbuch angelegt werden.
  • Innert einer noch zu bestimmenden Frist müssen die Ländereien bebaut sein.
  • Die Kolonisten sollen für sich und ihre Nachkommen freie Grundeigentümer sein, solange sie sich einer sorgfältigen Bebauung widmen und gute Familienvorsteher sind.
  • Die Kolonisten geniessen während zehn Jahren Steuer- und Abgabenfreiheit.
  • Sie geniessen für sich und ihre Nachkommen die gleichen Vorrechte wie die Spanier.
  • Bis sie sich die Landessprache angeeignet haben, sollen sie von Priestern in der deutschen Sprache betreut werden.
  • Der Wille seiner Majestät geht dahin, dass die Kolonisten mit der grössten Gastfreundschaft aufgenommen werden; ein oberster Rat wird über die getreue Durchführung dieser Versprechen wachen.
  • Die Kolonisten werden instruiert, damit sie bei der Pflege des Landbaus, der Weinkultur, der Ölproduktion usw. die besten Preise erzielen und dadurch zu Wohlstand gelangen.

Abreise aus Visp (14. November 1767)

Wie viele Walliser Familien Thürriegel nach Spanien locken konnte, ist leider nicht bekannt. Dem fleissigen Visper Burgerschreiber Johann Joseph Kalbermatten (1737–1790) ist es zu verdanken, dass wir wenigstens über 38 Emigranten informiert sind, die am 14. November 1767 von Visp aus das Wallis verliessen:

Anno salutis 1767 14. Novembris seynd von hier underschidliche Familien der Einwohneren als
Collonisten in Spanyen in die Landschaft, Siena Morena genant, abgereist under Anwerbung Hrn.
Obrist Johannis Caspari von Thürrigell um dise öde und wilde Landschaft anzubauwen und zu bevölckren.
Als nemlichen Peter Joseph Furer ein von den Frauenzimmer hoch aestimierter Schneider gebürtig von Zermatt sambt sinem Eheweib Katharina Gasser und vier Kindren, 2 Söhn und 2 Töchtren.
Antonius Amacher gebürtig von Eyscholl samt seiner Ehegemahlin Barbara Venez von Saas ab Balen und 2 Kindren, 1 Sohn und 1 Tochter.
Joseph Kluser gebürtig von Simpilen samb seiner Ehegemahlin Maria Zimmermann von Visp und 1 Tochterli.
Lorenz Imoberdorf gebürtig von Urlichen aus Gombs sambt seinem Weib Theresia Biner von Selkigen und einer halb gewaxene Tochter.
Johannes Egs gebürtig von Selkigen aus Gombs sambt seinem Sohn.
Joseph Spilmatter von Underwalden sambt seinem Weib und 5 Kindren, 2 Söhn 3 Töchtren.
Johannes Martinus Hengiler von Schweitz sambt Weib und 2 Kindren, 1 Sohn und 1 Tochter.
Valentin Blättler Jüngling und Balthasar Sutter Jüngling.
Caspar Joseph Ritz sambt seinem Nepos Görig Ritz gebürtig aus Gombs, sein Weib aber, Barbara Heinriger hat er hier gelassen.
Joseph Amstat von Underwalden sambt Weib und 3 Kindren.

Ergänzungen aus den Pfarrregistern von Visp

Familie Furrer–Gasser

Peter Joseph Furrer, gebürtig aus Zermatt und von Beruf Schneider, war im Januar 1752 als Hintersässer in Visp angenommen worden. Im gleichen Jahr heiratete er die in Visp geboren und aufgewachsene Maria Katharina Gasser, Tochter des Schneidermeisters Melchior Gasser aus Lungern OW, und der Anna Maria Margaritha Lutz.

Dem Ehepaar Furrer–Gasser wurden in Visp fünf Kinder geboren, von denen eines bereits bei der Geburt starb. Die anderen waren:

  • Joseph Jakob Furrer (1753)
  • Johann Anton Mathias Furrer (1756)
  • Anna Maria Katharina Josepha Furrer (1757)
  • Joseph Peter Furrer (1759)

Familie Amacker–Venetz

Johann Anton Amacker aus Eischoll wurde im Januar 1756 als Visper Einwohner angenommen. Sechs Jahre später, am 7. Februar 1762, führte er Anna Maria Barbara Venetz aus Saas-Balen an den Traualtar. Das Ehepaar brachte in Visp zwei Kinder zur Taufe:

  • Johann Ignatz Anton Amacker (1764)
  • Maria Barbara Katharina Amacker (1766)

Familie Kluser (Zenklusen)–Zimmermann

Johann Joseph Kluser (Zenklusen) war 1747 den Eltern Christian Zenklusen und Katharina Metzger im Moos bei Simplon-Dorf geboren worden. Am 3. Dezember 1765 heiratete er die Visper Burgerstochter Anna Maria Margaretha Zimmermann (*1742), Tochter des Johann Sebastian Zimmermann und der Maria Barbara Flanzetter. Das einzige Kind des Ehepaars war zum Zeitpunkt der Reise knapp vier Wochen alt:

  • Anna Maria Katharina Magdalena Kluser (1767)

Familie Imoberdorf–Walther (Beiname Biner)

Johann Lorenz Imoberdorf, gebürtig aus Ulrichen, war seit 1751 nachweislich in Visp wohnhaft. Mit seiner Gattin, Maria Theresia Walther (Beiname Biner), hatte er mindestens sechs Kinder:

  • Johann Lorenz Imoberdorf (1751–1751)
  • Johann Peter Imoberdorf (1751–1751)
  • Johann Peter Lorenz Imoberdorf (1752–1752)
  • Anna Maria Imoberdorf (1753)
  • Johann Anton Imoberdorf (1755–1756)
  • Peter Joseph Valentin Imoberdorf (1757)

Familie Eggs–Andenmatten

Johannes Eggs aus Selkingen verheiratete sich am 4. Januar 1750 mit der Visper Burgerstochter Anna Maria Barbara Andenmatten (1713–1758), Witwe des Gastwirts Johann Anton Andenmatten (1698–1749). Während einigen Jahren betätigte sich Eggs ebenfalls als Gastwirt und half der Familie seiner Frau im Gasthaus „Zum Weissen Kreuz“.

Dem Ehepaar wurden vier Kinder geboren:

  • Maria Josepha Eggs (1751)
  • Maria Barbara Eggs (1752–1803) – heiratete 1776 den italienischen Kaufmann und späteren Gastwirt Peter Joseph Possetti (1753–1812).
  • Johann Joseph Eggs (1756) – zog mit seinem Vater 1767 nach Spanien.
  • Peter Michael Alois Eggs (1757)

Familie Spillmatter–Imhof

Joseph Spillmatter, „Taglehner aus Unterwalden“, erhielt im Januar 1765 die Bewilligung, sich in Visp niederzulassen. Seine Frau, Anna Christina Imhof, hatte noch eine Schwester namens Katharina, die mit Christian Rotzer aus Gampel verheiratet war. Die oben genannten fünf Kinder sind wohl teilweise in der alten Heimat Spillmatters geboren worden. Die Pfarr-Register von Visp verzeichnen 1766 den Tod eines kurz zuvor geborenen Kindes und ein Jahr später die Taufe der Tochter:

  • Maria Barbara Spillmatter (1767)

Familie Henggeler–Steiner

Johann Martin Henggeler aus Arth SZ, von Beruf „Sager und Tschingger“, ist ebenfalls im Januar 1765 als Tolerierter in Visp angenommen worden. Seine Gattin hiess Maria Katharina Steiner. Nebst einem 1766 verstorbenen Kind findet sich im Taufbuch noch der Eintrag über:

  • Johann Martin Henggeler (1767)

Valentin Blättler & Balthasar Sutter

Valentin Blättler, Jüngling, war seit 1762 in Visp wohnhaft. Er stammte vermutlich aus Ob- oder Nidwalden. Über den Jüngling Balthasar Sutter ist ausser dem Namen nichts bekannt.

Familie Ritz–Heinricher

Kaspar Joseph Ritz, gebürtig aus dem Goms, verheiratete sich 1751 mit Maria Barbara Heinricher (†1774), Tochter des Johann Joseph Heinricher, Burgermeister von Visp, und der Maria Flanzetter. Seit 1762 tritt Ritz auch als Organist der Burgerkirche von Visp auf.

Kaspar Joseph Ritz liess tatsächlich seine Frau in Visp zurück; wie übrigens auch Johann Eggs. Sie starb am 6. April 1774 nach 10jähriger Krankheit. Ritz selber scheint es nicht lange in Spanien ausgehalten zu haben. Spätestens 1775 weilte er wieder in Visp, da er sich am 15. Januar dieses Jahres mit Anna Maria Ruby verheiratet. Er starb Ende August 1778 in Visp.

Das Taufbuch verzeichnet nur eine Taufe:

  • Maria Katharina Josepha Ritz (1752)

Joseph Amstad/Amstat

Joseph Amstad von „Underwalden“ ist wohl identisch mit dem Tischmacher Franz Joseph Amstat, der im Januar 1765 als Tolerierter in Visp angenommen worden war. Vermutlich stammte er aus dem Kanton Nidwalden. Weitere Informationen fehlen.


Quellen

  • Burgerarchiv Visp, Rechnungsbuch G5
  • Rudolf Bolzern, „Massenauswanderung zur Zeit aufgeklärter Peuplierungspolitik: Die Auswanderung von Schweizern nach Andalusien 1767–1769 als Migrationsphänomen des 18. Jahrhunderts“ in Itinera Fasc. 11, 1992.
  • Karl Zbinden „Die schweizerische kolonisatorische Auswanderung von 1767/69 nach der Sierra Morena in Spanien“, in Zeitschrift für Schweizerische Geschichte, 26. Jahrg., Heft 1, 1946.
  • © Norbert Pfaffen, Visp; 15. April 2004